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Erneuerbare Energien

Wasserstoff: Wie ready ist der Energieträger wirklich?

Bild: GIGISTOCK/Shutterstock.com

Wasserstoff wird in der zukünftigen Energieversorgung eine zentrale Rolle spielen: Als Energieträger bei der Mobilität sowie für stationäre Verbrennungsmotoren in der Industrie. Stationäre Verbrennungsmotoren stellen in erster Linie mechanische Antriebsenergie für industrielle Anlagen und Maschinen bereit.

Sie können nicht nur ortsfest in oder außerhalb eines Gebäudes wirken, sondern auch in Fahrzeugen verbaut werden – etwa auf Schiffen. Beim Einsatz von Wasserstoff in mobilen Motoren wird über Brennstoffzellen Strom erzeugt, der einen Elektromotor antreibt. Doch wie werden sich diese beiden Einsatzbereiche von Wasserstoff in den nächsten Jahren entwickeln? Und: Ist Wasserstoff wirklich ready für den Durchbruch? Der VDI hat zu diesem Thema die Handlungsempfehlung H2-Readiness von stationären Verbrennungsmotoren publiziert.

Welche Rolle spielt Wasserstoff in der Mobilität? 

In Zukunft wird unsere Mobilität CO2-neutral sein. Es gilt, Benzin und Diesel aus fossilen Quellen zu ersetzen. Neben batteriebetriebener Elektromobilität kristallisiert sich Wasserstoff als Alternative heraus. Vor allem Antriebe mit Brennstoffzellen gelten bislang als gute Alternative, beispielsweise für den Einsatz in Lkw. Bei Pkw wird sich eher die batteriebetriebene Antriebsart für kurze bis mittlere Distanzen durchsetzen, so bislang die gängige Meinung. Doch allmählich zeichnet sich hier ein Umdenken ab.

Hauptargument gegen Brennstoffzellenantriebe in Pkw ist der schlechtere Wirkungsgrad im Vergleich zur Batterie. Beim konventionellen Elektroauto gelangt der Strom über die Ladestation direkt in die Batterie. Man geht davon aus, dass von einer Kilowattstunde Strom 70 Prozent direkt für die Mobilität umgesetzt werden. Wasserstoff hingegen muss erst mittels  Strom produziert und zu einer Tankstelle transportiert werden. Erst dann kann er mittels einer Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt werden. Der Wirkungsgrad bei einem Brennstoffzellenfahrzeug wird meist mit einem Wert von etwa 27 Prozent angegeben. 

Dennoch seien die Vorteile von Brennstoffzellen in Pkw deutlich, sagt etwa Joachim Jungsbluth vom Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) in Duisburg. Das ZBT zählt zu den führenden europäischen Forschungseinrichtungen für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologien und Energiespeichern. „Was die Reichweite betrifft, können sie mit Verbrennern mithalten“, so Jungsbluth. Für eine Strecke von 1.000 Kilometern benötigt man acht bis zehn Kilo Wasserstoff. Eine solche Reichweite ist mit einem batteriebetriebenen Elektroauto derzeit kaum erreichbar. Zudem ist die Betankung eines Wasserstoffautos deutlich schneller als das Laden eines batteriebetriebenen Elektromotors. 

Wasserstoffautos sieht er aber nicht als Konkurrenz zum batteriebetriebenen Elektroauto, sondern als Ergänzung, betont ZBT-Experte Jungsbluth. „Das ist wie mit Diesel. Der galt ursprünglich auch als Kraftstoff, der nur für große Landmaschinen geeignet ist. Und ein paar Jahre später war Diesel Standard für Autos.“ Wenn die standardisierte massenhafte Produktion von ­– im Idealfall grünem – Wasserstoff erst einmal ans Laufen komme, werde das Brennstoffzellenauto neben dem batteriebtriebenen Elektroauto auf den Straßen zu sehen sein. Bis dahin müsse die Infrastruktur allerdings noch deutlich ausgebaut werden. Derzeit gibt es knapp 100 Wasserstofftankstellen in ganz Deutschland. „Wir bräuchten mindestens 400. Schön wären 1.000“, sagt Jungsbluth.

Welche Rolle spielt Wasserstoff in der Industrie?

Motoren für Brennstoffmischungen mit bis zu 100 Prozent Wasserstoff sind bereits kommerziell erhältlich. Die Motorentechnik kann sich generell an die Vorgaben des Kraftstoffs im Energiesystem anpassen. Wasserstoff wird jedoch vor allem in der chemischen Industrie verwendet. Jährlich kommen in Deutschland circa 12,5 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff zum Einsatz. Stationäre Wasserstoffmotoren spielen in der Industrie eine immer größere Rolle und führen zu treibhausgasneutralen Produkten. Um Industrieanlagen noch stärker mit Wasserstoffmotoren auszustatten, bedarf es einer gut ausgebauten Infrastruktur. Dies betrifft die Erzeugung, den Transport und die industrielle Nutzung. 2019 wurden weltweit 117 Millionen Tonnen Wasserstoff produziert. Treiber sind hier die großen Hersteller von Industriegasen wie Linde plc. 

Wie kommt Wasserstoff im Verbrennungsmotor zum Einsatz?

Wasserstoff verbrennen, statt ihn in einer Brennstoffzelle reagieren zu lassen – darauf setzen ebenfalls Motorenhersteller, darunter Deutz. Die Kölner haben einen neuen Wasserstoff-Verbrennungsmotor entwickelt, der 2024 in Fahrzeuge integriert werden soll. Im Sechszylindermotor wird gasförmiger Wasserstoff verbrannt. Deutz ist auf große Motoren für Bau- und Landmaschinen spezialisiert. Doch ein Einsatz im Pkw bleibt nicht ausgeschlossen.

Die Vorteile liegen in der Energiedichte. Wasserstoff kann im Vergleich zu elektrischen Batterien bei gleichem Gewicht mehr Energie speichern. Dieser Vorteil kommt vor allem bei Fahrzeugen zum Tragen, denn sie können ohne deutlich schwerer zu werden eine höhere Reichweite erzielen. Wasserstoffautos stoßen zudem kein CO2 aus. Hierbei sollte der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Und schließlich bietet sich Wasserstoff wegen der guten Speichereigenschaften als Partner für Solar- und Windenergie an. Darauf weisen wir in unserer Handlungsempfehlung ebenfalls hin.

Wie ordnen sich Wasserstoffmotoren in das Energiesystem ein?

In seiner Handlungsempfehlung betont der VDI-Fachausschuss „Verbrennungskraftmaschinen“, dass ein zu 100 Prozent erneuerbares Energiesystem in Zukunft ein effizienter Mix aus verschiedenen regenerativen Energiequellen und Energieträgern sein wird. Vor allem Wind- und Sonnenenergie spielen eine große Rolle, um Wasserstoff zu produzieren. Dieser lässt sich dann zum Beispiel in Power-to-Gas-Anlagen nutzen. Dieses Gas könnte unter anderem Endverbraucher direkt versorgen. 

H2-Readiness: Konkrete Handlungsempfehlungen des VDI

Der Verbrennungsmotor ist eine Technologie, die mit einfachen Mitteln klimaneutral weitergeführt werden kann. Der VDI empfiehlt daher verschiedene Handlungen:

  • Förderung der Erzeugung von Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen 
  • Anpassung des CO2-Bepreisungsmodells auf einen Preis von 150 bis 180 Euro pro Tonne CO2, um die Kosten von Schäden an der Umwelt verursachergerechter einzupreisen 
  • Die Politik sollte den Verbrennungsmotor, mit CO2-neutralem Kraftstoff (wie etwa Wasserstoff) betrieben, als emissionsfreie Technologie anerkennen.
  • direkte Förderung der Forschung und Anwendung aus den Mitteln der CO2-Bepreisung

Der von der neuen Bundesregierung forcierte zügige Ausbau von Gaskraftwerken und ein Innovationsprogramm zur Förderung von H2-ready-Gaskraftwerken wird aus VDI-Sicht einen großen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Hierbei spielt die in der VDI-Handlungsempfehlung beschriebene H2-readiness von Verbrennungsmotoren eine wichtige Rolle.

Alle Handlungsempfehlungen stehen im Paper H2-Readiness von stationären Verbrennungsmotoren.

Autoren: Peter Sieben, Sarah Janczura

Fachlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Jochen Theloke
Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt
Telefon: + 49 211 6214-369
E-Mail: theloke@vdi.de 

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