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Pflicht und Potenzial

Gebäudeautomation als Schlüssel für Energieeffizienz und Klimaziele

Bild: Catherine Delahaye via Getty Images

Im Kampf gegen den Klimawandel müssen wir weiter die CO2-Emissionen verringern. Dabei ist die Gebäudeautomation eine Schlüsseltechnologie zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und verschärften EU-Richtlinien stehen vor allem Verantwortliche in der Gebäudewirtschaft vor neuen Herausforderungen und Chancen. Im Interview erklärt uns der Experte für Gebäudeautomation Peter Hug, was die aktuellen Änderungen für die Praxis bedeuten.

VDI: Was bedeutet das Gebäudeenergiegesetz (GEG) konkret für die Verantwortlichen von Nichtwohngebäuden?

Peter Hug: Das GEG bringt klare Vorschriften für bestehende Nichtwohngebäude. Ab einer installierten Heiz- oder Kühlleistung von 290 Kilowatt müssen diese Gebäude mit Funktionen der Gebäudeautomation gegebenenfalls nachgerüstet werden. Alle Unternehmen sollten also prüfen, ob ihre Gebäude unter die neuen Regelungen fallen. Wenn dies der Fall ist, sollte eine Analyse durchgeführt werden, um festzustellen, ob und wo Nachrüstbedarf besteht.

Konkret bedeutet das: Die Energieverbräuche müssen kontinuierlich erfasst und analysiert werden. Eine verantwortliche Person soll sicherstellen, dass keine Energie verschwendet wird und Fehlfunktionen vermieden werden. Zusätzlich sind Benchmarks und standardisierte Kommunikationsprotokolle zwischen den technischen Komponenten vorgeschrieben.

Automatisierung war bisher oft freiwillig, nun wird sie zur Pflicht

VDI: Bisher war die Installation von Gebäudeautomation also freiwillig?

Peter Hug: Genau. In neu gebauten Gebäuden ist Gebäudeautomation heutzutage Standard, da sie den Betrieb erleichtert und effizienter macht. Im Nichtwohngebäudebereich gibt es oft keinen direkten Anreiz für das manuelle Regeln von Heizungen oder Lüftungen. Einfaches Beispiel: Wenn im Büro eine Kälteanlage kalte Luft ins Gebäude pumpt, während die Heizkörper warm sind, entstehen mir als Angestelltem keine Kosten. Ich kümmere mich also vielleicht nicht darum. Hier hilft die Automatisierung, also eine intelligente Vernetzung der Systeme  unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden.

VDI: Was sind die wesentlichen Neuerungen durch die Pflicht zur Gebäudeautomation?

Peter Hug: Diese Pflicht betrifft vor allem Bestandsgebäude. Die Nachrüstung soll bis Jahresende 2024 erfolgen, was in der Praxis aufgrund mangelnder Kapazitäten schwer umsetzbar ist. Für Neubauten gilt zusätzlich die Verpflichtung, nach der DIN 18599 die Effizienzklasse B zu erreichen. Das bedeutet, dass alle relevanten Funktionen, wie die Verknüpfung von Heizung, Lüftung und Kühlung, vorhanden sein müssen. Wichtig ist dabei auch, dass standardisierte Kommunikationsprotokolle genutzt werden, damit die Systeme auch mit Produkten anderer Anbieter kompatibel sind. Und man nicht langfristig nur an einen Anbieter gebunden ist.

Einsparpotenziale durch Gebäudeautomation: Bis zu 40 Prozent möglich

VDI: Gab es Gründe, warum Gebäudeautomation nicht freiwillig installiert wurde?

Peter Hug: Ein häufiges Problem ist das sogenannte Mieter-Vermieter-Dilemma. Investitionen in Gebäudeautomation lohnen sich zwar schnell, typischerweise amortisieren sie sich nach zwei bis vier Jahren, allerdings sind die Interessen derjenigen, die bauen, und derjenigen, die die Gebäude nutzen, oft unterschiedlich. Und am Ende der Bauphase sind die Budgets oft knapp, und Gebäudeautomation wird als letztes installiert – hier wird dann oft weggespart.

Dabei sollte das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt stehen, und wir können viel tun, damit sie sich an ihrem Arbeitsplatz oder in der Verwaltung wohler fühlen – besonders in komplexen Gebäuden erfordert dies umfangreiche Gebäudetechnik.

VDI: Wie sehen die Einsparpotenziale konkret aus?

Peter Hug: Es gibt Modellrechnungen, die zeigen, dass durch Gebäudeautomation Einsparungen von bis zu 40 Prozent bei der thermischen und deutliche Einsparungen an elektrischer Energie möglich sind. Bei Bestandsgebäuden hängt dies natürlich vom jeweiligen Gebäude und den Maßnahmen ab, die durchgeführt werden.

Nachhaltigkeitsberichterstattung wird durch präzise Daten gestärkt

VDI: Welche Rolle spielt die Gebäudeautomation in der Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Peter Hug: Unternehmen, die berichtspflichtig sind, können mit Hilfe der durch die Gebäudeautomation erfassten Daten genau nachweisen, wie sie ihre Energieverbräuche reduzieren und ihren Dekarbonisierungspfad einhalten. Das macht die Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich transparenter.

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VDI: Was erwarten Sie für die Zukunft der Gebäudeautomation?

Peter Hug: Die Anforderungen werden weiter steigen. Die europäische Gebäuderichtlinie von 2024 wird ab 2030 Gebäude ab einer Leistung von 70 Kilowatt einbeziehen, was viele kleinere Gebäude betrifft. Zusätzlich kommen neue Anforderungen an die Luftqualität, das Licht und die Akustik in Innenräumen hinzu. Gebäudeautomation wird dabei helfen, diese Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken.

Neuerungen bei der Inbetriebnahme: Sicherheit durch längere Testphasen

VDI: Ein interessanter Punkt, den Sie angesprochen haben, ist die Inbetriebnahme. Was hat sich hier geändert?

Peter Hug: Neu ist, dass die Inbetriebnahme einer Anlage mindestens über eine Heiz- und eine Kühlperiode erfolgen muss. Mit dieser neuen Regelung soll sichergestellt werden, dass die Technik vollständig einreguliert ist, bevor das Gebäude als fertig gilt.

Zur Person

Peter Hug ist seit 2009 Geschäftsführer des Fachverbandes Automation und Management für Haus und Gebäude im VDMA. Der promovierte Volkswirt ist Mitglied verschiedener deutscher und europäischer Expertengruppen in den Bereichen Energieeffizienz, Smart Buildings und Facility Management. Hug ist weiterhin Geschäftsführer des VDMA-Fachverbandes Aufzüge und Fahrtreppen, des Fachverbandes Reinigungssysteme und ist Managing Director des europäischen Branchenverbandes EUnited der sich intensiv mit der Gebäudebewirtschaftung im Lebenszyklus beschäftigt. Seit 2021 ist er Mitglied des Boards des US-amerikanischen Facility Data Standard Consortium (FDS). Die Entwicklung der European Energy Performance of Buildings Directive EPBD hat Hug seit über einem Jahrzehnt pro-aktiv begleitet und die Umsetzung der Direktive in den EU-Mitgliedsländern beobachtet und unterstützt.

Interview: Gudrun Huneke

Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. (FH) Frank Jansen
VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik
E-Mail: Jansen_f@vdi.de

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