Earth Overshoot Day: Auswirkung von Klimaveränderungen auf die Biodiversität
Warum müssen wir Biodiversität schützen? Und wie hängt sie mit Klimaveränderungen zusammen?
Biodiversität, auch biologische Vielfalt genannt, ist ein Überbegriff für den faszinierenden Artenreichtum, der uns auf der Erde umgibt. Dazu gehören unter anderem genetische Vielfalt, Artenvielfalt, Vielfalt von Lebensräumen und viele weitere. Diese Vielfalt trägt maßgeblich dazu bei, dass lebenswichtige, natürliche Kreisläufe – wie der Kohlenstoff- oder Wasserkreislauf – funktionieren und wir in einem stabilen Klima leben. Aber die Biodiversität bringt uns noch viele weitere Vorteile: Von der Luft, die wir Atmen, über Baumaterialien bis hin zu unserer Nahrung sind wir abhängig von verschiedenen Pflanzen und Tieren [1]. Würden zum Beispiel alle Bestäuber, wie Wildbienen wegfallen, müsste mit einem Schaden von 190 bis 310 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet werden [2]. Das zeigt eindrucksvoll wie abhängig die Weltwirtschaft von der Bestäubung durch Insekten ist.
Bleiben wir beim Beispiel der Bestäuber: Anthropogene Einflüsse auf die Natur, wie die intensive Landwirtschaft, Pestizideinsatz, Flächenverbrauch durch urbanen Ausbau und weitere Faktoren, lassen die Anzahl der Insekten Jahr für Jahr zurückgehen. Davon sind auch die für uns so wichtigen Bestäuber betroffen. Kommt jetzt noch der Klimawandel als Faktor hinzu und schwächt die Populationen zusätzlich; beispielsweise durch häufigere Dürren oder andere Extremwetterereignisse, ist zu erwarten, dass die Zahlen noch weiter zurückgehen. Als Folge davon können Blütenpflanzen schlechter Früchte bilden und sich vermehren, was zu einem Rückgang ihrer Bestände führen kann. Zum einen kann das zu einer geringeren Nahrungsmittelproduktion oder Ernteausfällen führen, zum anderen zum Rückgang der Lebewesen, die sich speziell von diesen Pflanzen ernähren [3]. Das wiederum beeinflusst ein gesamtes Ökosystem negativ und könnte es langfristig unumkehrbar schädigen.
Außerdem hat die Biodiversität einen großen Einfluss auf das Klima. Sogenannte Kohlenstoffsenken, Ökosysteme, die mehr Treibhausgase aufnehmen als sie abgeben, können erhebliche Mengen an Kohlenstoff in ihrer Biomasse speichern. Dazu gehören Wälder, aber auch Moore und Wiesen sind große Kohlenstoff-Senken. Allerdings: am besten in einem natürlichen Zustand. Ein naturnaher Wald bindet - verglichen mit einer Baum-Monokultur auf gleicher Fläche - etwa das Doppelte an Kohlenstoff [4]. Moore speichern rund 30 Prozent des erdgebundenen Kohlenstoffs und das auf gerade einmal drei Prozent der Erdoberfläche. Das ist mehr als alle Wälder der Erde zusammen. Werden Moore jedoch trockengelegt, entstehen beispielsweise große Mengen Lachgas, das ca. 300-mal klimaschädlicher als CO2 ist [5].
Problematisch ist vor allem, dass Menschen durch ihr Handeln die Natur massiv beeinträchtigen, obwohl sie auf die Natur, intakte Ökosysteme und die Biodiversität angewiesen sind. Mahnmal hierfür ist der sogenannte „Earth Overshoot Day“ (Erdüberlastungstag), der Tag an dem die Weltbevölkerung die Ressourcen, die die Erde in einem Jahr regenerieren kann, bereits aufgebraucht hat. In diesem Jahr ist es der 28. Juli. Das heißt, dass wir doppelt so viele Ressourcen verbrauchen, als uns die Erde bereitstellen kann. Folgen des Overshoot sind unter anderem: Klimawandel, Wasserknappheit, Waldbrände, Überflutungen, Energiekrise, Ernährungsunsicherheit, Flüchtlingsströme, Armut und Artenverlust [6].
Denn: „Es hängt alles mit allem zusammen“ – Alexander von Humboldt [7]
Hintergrund:
Mit dem Verbundprojekt BienABest soll die Ökosystemleistung "Bestäubung durch Wildbienen" gesichert und bundesweit wieder gesteigert werden. Dazu werden Verfahren zur Etablierung von Wildbienenhabitaten in der Agrarlandschaft entwickelt und standardisiert. Zudem werden Methoden zur bestandsschonenden Erfassung von Wildbienen entwickelt und standardisiert, die im Anschluss an das Projekt als Basis für ein systematisches Monitoring genutzt werden können. Diese methodischen Grundlagen können auch für die Erfassung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wildbienenvielfalt verwendet werden.
Das Projekt „BienABest“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert. Weiterhin wird das Projekt vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, BASF SE und Bayer AG finanziell unterstützt.
Informationen über BienABest: www.bienabest.de und www.facebook.com/bienabest
Ihre Ansprechpartnerin im VDI:
Dr. Ljuba Woppowa
Verbundkoordinatorin und Projektleiterin Standardisierungsprojekt
VDI-Gesellschaft Technologies of Life Sciences (VDI-TLS)
Telefon: +49 211 6214-314
Telefax: +49 211 6214-97314
E-Mail: tls@vdi.de
Literatur:
[1] BMZ: Ökosystemleistungen - Biodiversität als Lebensgrundlage erhalten
[2] Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: Bestäubung durch Insekten schafft 150 Milliarden Euro
[3] Wittig, R., Niekisch, M. (2014). Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität. In: Biodiversität: Grundlagen, Gefährdung, Schutz. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
[4] MLU Halle-Wittenberg: Artenreiche Wälder speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie Monokulturen
[5] STANDARD Verlagsgesellschaft mbH: Die unterschätzte Rolle der Moore im Klimawandel
[6] 2022 Earth Overshoot Day
[7] Wulf, Andrea (2016): Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur. C. Bertelsmann Verlag