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Agrartechnik

Das braucht die Landwirtschaft der Zukunft

Bild: Dr. Sabine Rudolphi

Die Landwirtschaft steht vor Herausforderungen, konventionelle Methoden der Feldbestellung passen oft nicht mehr zu den ökologischen und ökonomischen Anforderungen.

In Zukunft ist die Landwirtschaft mehr denn je auf hochmoderne Landtechnik angewiesen, die ein ökonomisch, ökologisch und sozial verträgliches Wirtschaften ermöglicht. Leistungsfähige Maschinen und intelligente Produktionssysteme rücken die Landwirtschaft in Richtung Industrie 4.0.

Fünf Bereiche sind in der Forschung ausschlaggebend: 

  • Autonomisierung: Maschinensysteme und Produktionsketten müssen immer autonomer werden. 
  • Zuverlässigkeit: Produktionseinheiten müssen so ausfallsicher wie möglich sein; hier helfen moderne Störungsmanagementsysteme.
  • Elektrifizierung/Sektorkopplung: Elektrifizierung von Landmaschinen spielt eine immer größere Rolle, die Sektorkopplung bei der Energieerzeugung im ländlichen Raum ermöglicht eine dezentrale Energieversorgung.
  • Internet der Dinge: Die Prinzipien der Industrie 4.0 werden zunehmend auf landwirtschaftliche Betriebe angewandt.
  • Automatisierung/Sensorik: Die digitale Transformation ist essenziell für eine leistungsfähige und nachhaltige Pflanzenproduktion. Prozessleitebenen werden künftig komplett in die Cloud verlagert, so dass sich mittelfristig ein modernes Farm Management System (FMS) entwickelt.

Über die aktuellen Trends und Entwicklungen in der modernen Landwirtschaft und Landtechnik haben wir mit Dr. Andreas Herrmann vom VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik gesprochen.

Wie kann die Pflanzenproduktion nachhaltiger werden? Welche Trends gibt es?

Ein Thema, dass dabei immer wieder eine Rolle spielt, ist der Bodendruck. Das heißt: Die Maschinen werden immer größer und die Belastung für den Boden wächst. Das kann man ausgleichen, indem man die Last verteilt, etwa mithilfe von Gleisketten. Aber die Möglichkeiten auf Dauer sind dabei begrenzt. Deshalb könnte ein neuer Ansatz der Einsatz mehrerer kleiner Einheiten sein, dem sogenannten Feldschwarm.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Das ist ein radikaler Bruch mit der aktuellen Entwicklung. Statt einer riesigen Landmaschine nutzt man viele kleine Roboter, die untereinander kommunizieren und möglichst effizient zusammenarbeiten. In der Summe leisten die Roboter dann das Gleiche wie die große Maschine, belasten den Boden aber weniger stark. Und es ist mittelfristig kostengünstiger. Ein wenig ist das vergleichbar mit der Entwicklung bei den Satellitenbetreibern. Früher hat man einen großen sehr teuren Satelliten ins All geschickt, heute nutzt man Konstellationen günstiger Kleinsatelliten.

Das heißt aber auch, dass die Maschinen spezialisierter werden? 

Ja. Ein zweiter großer Trend ist Einzelpflanzenerkennung und -behandlung. Bislang machen wir das wortwörtlich mehr oder weniger nach dem Gießkannenprinzip und spritzen und düngen den gesamten Acker. Das große Ziel ist aber, dass wir im Idealfall jede einzelne Pflanze so versorgen, wie es für sie nötig ist. Das ist ressourcenschonend und effizient.

Wie funktioniert das?

Schon heute können wir unterschiedliche Teile des Ackers erkennen und entsprechend unterschiedlich behandeln. Wir nennen das teilflächenspezifische Behandlung oder Precision Farming. Die Maschinen und Geräte für das Precision Farming verwenden zur Positionsbestimmung in der Regel Navigationssysteme und GPS-Empfänger. Sie verwenden „digitale Karten“, die mittels geografischer Informationssysteme erstellt werden.

Bei der angestrebten Einzelpflanzenerkennung muss ein Roboter zum Beispiel erkennen können, ob eine Pflanze eine Nutzpflanze ist oder Unkraut, um entsprechend zu reagieren. Einen Schritt weitergedacht, kann der Roboter dann auch lernen, was genau die Kulturpflanze benötigt und ob sie zum Beispiel krank ist. Für große Ackerflächen ist das noch Zukunftsmusik, im Gemüsebau wird das aber jetzt schon erfolgreich eingesetzt.

Wenn Roboterschwärme auf dem Feld miteinander kommunizieren sollen, ist ein stabiles Mobilfunknetz nötig. Sind wir in Deutschland schon so weit?

Wir brauchen eine Flächenabdeckung mit dem 5G-Netz. Das ist im ländlichen Bereich eine Herausforderung, aber machbar. Der Trend geht unaufhaltsam in die Richtung, dass Industrie-4.0-Technologien auch in der Landwirtschaft eine immer größere Rolle spielen.

Wo unterscheidet sich denn die Landwirtschaft in dem Bereich von der klassischen Industrie?

Die Konnektivität ist immens wichtig, also dass alle Partner in der Landtechnik und im Betrieb miteinander kommunizieren. Ein Unterschied zu den meisten Industriezweigen liegt darin, dass in der Landwirtschaft sehr mobil gearbeitet wird und nicht so stationär wie in der Industrie.

Wann ist denn die Agrarwirtschaft hierzulande soweit, dass man wirklich von Industrie 4.0 reden kann?

Die Anfänge sind ja schon gemacht. Heute ist die automatische Lenkung bei Mähdreschern Standard. Die Schneidwerke sind in den letzten Jahren viel größer geworden, haben eine Breite bis zu 12 Metern. Als Fahrer sieht man dann kaum noch, ob man an der Kante des Schlages entlangfährt oder nicht, also: ob Getreide stehen bleibt oder ob man wirklich alles abgemäht hat. Die modernen Mähdrescher tasten das automatisch ab, dadurch wird nichts vergeudet. Und die modernen Maschinen regulieren auch ihre Auslastung immer so, dass sie möglichst effizient ist. Das spart CO2 ein und Kosten für die Landwirte. Immerhin zahlt man für die leistungsstärksten Mähdrescher einen Preis jenseits von 400.000 Euro, das muss sich lohnen. Wenn wir flächendeckendes 5G-Netz auch auf dem Land haben, gehe davon aus, dass wir innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre eine echte Industrie 4.0 in der Landwirtschaft haben. Aber es ist nicht nur die Landtechnik, die die Landwirtschaft nachhaltiger macht. Da helfen auch neue Methoden.

Welche sind das?

Ich komme auf das Beispiel Boden zurück. Jeder Landwirt hat ein Interesse daran, dass der Boden als sein wichtigstes Produktionsmittel gesund, aber auch produktiv ist. Früher wurde gepflügt ohne Ende. Da war der Boden hinterher schön schwarz, wie wir im Jargon sagen. Aber es hat auch Nachteile: Das Pflügen war der energieaufwändigste Teil in der Landwirtschaft und ist sehr CO2-intensiv.

Heute nutzt man in den meisten Fällen die sogenannte konservierende Bodenbearbeitung, bei der sehr viel weniger CO2 freigesetzt wird. Der Boden wird dabei zum Beispiel mit Scheibeneggen oder sogenannten Grubbern bearbeitet, die die Erde auflockern, aber nicht umpflügen. Dabei werden die Bodenstruktur und das Kapillarsystem besser erhalten. Das ist gerade in Gegenden mit wenig Niederschlag wichtig, weil Feuchtigkeit im Boden gehalten wird und nicht so schnell verdunstet.

Beim Pflügen geht es ja auch um Unkrautunterdrückung. Wie macht man das, wenn man nicht mehr pflügt? 

Da setzen wir zurzeit auch Pflanzenschutzmittel ein. Wie Glyphosat.

Wobei Glyphosat ja immer wieder sehr in der Kritik steht. Wie ist das zu bewerten?

Das ist natürlich ein Reizthema. Es gibt dazu sehr viele unterschiedliche Studien. Viele bewerten das Pflanzenschutzmittel als unproblematisch, einige kommen zum Schluss, dass Glyphosat unter Umständen krebserregend sein könnte. Glyphosat ist ja ein Totalherbizid, das sämtliches Unkraut oberflächlich entfernt. Ich kann mir vorstellen, dass deshalb viele glauben, dass es entsprechend besonders giftig sein muss.

Bei einem Glyphosatverbot wird der erforderliche Aufwand steigen, vielleicht wird wieder mehr gepflügt? Aber mit der Landwirtschaft wird es weiter gehen. Die Landwirte sind erfinderisch und innovativ.

Autoren: Sarah Janczura und Peter Sieben

Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Andreas Herrmann
VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik
E-Mail: meg@vdi.de  

 

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